Wechseljahre – mehr als Hormone?
Wenn man über die Wechseljahre spricht, tauchen sofort dieselben Stichworte auf: Hormone, Hitzewallungen, Schlafstörungen, Zykluschaos. Doch genau hier beginnt die Diskrepanz. Die Realität vieler Frauen sieht oft ganz anders aus. Am Anfang stehen selten die großen Symptome, sondern eher leise Veränderungen, vielleicht Vergesslichkeit, Stimmungsschwankungen, innere Unruhe. Nichts, was sich sofort in das „vertraute Bild der Wechseljahre“ einordnen lässt. Und gerade deshalb ist es so irritierend.
Es ist fast wie ein Echo. Schon einmal haben Hormone unser Leben durcheinandergebracht – in der Pubertät. Damals mussten wir uns neu sortieren, zwischen Abhängigkeit und Freiheit, zwischen Kindsein und Erwachsenwerden. Heute erleben wir wieder Umbrüche, nur dass diesmal keine klare Richtung vorgegeben ist. Statt Aufbruch herrscht Unsicherheit. Was passiert mit mir? Warum fühle ich mich plötzlich so fremd im eigenen Körper?
Genau darin liegt die eigentliche Herausforderung. Neben körperlichen Symptomen tauchen Fragen auf, die viel tiefer reichen. Welche Rolle spiele ich in Partnerschaft, Beruf, im eigenen Leben? Wer bin ich noch, wenn die Kinder aus dem Haus sind? Was trägt mich, wenn die vertraute hormonelle Taktung plötzlich fehlt?
Erschwert wird all das durch gesellschaftliches Schweigen. Über Pubertät reden wir locker, manchmal sogar mit Humor. Über die Wechseljahre meist im Flüsterton. Mythen, Klischees und das Bild vom angeblichen „Verlust der Weiblichkeit“ halten sich hartnäckig. Doch gerade das Schweigen macht die Belastung größer. Wo Worte fehlen, entsteht Unsicherheit und manchmal sogar Scham.
Dabei markieren die Wechseljahre keinen Schlusspunkt, sondern vielmehr einen Wendepunkt. Körperliche Veränderungen können herausfordernd sein, aber sie eröffnen auch die Chance, Gewohntes zu hinterfragen, Ballast abzuwerfen und neue Perspektiven zu entwickeln.
Genau hier setzt meine Beratung an. Nicht jede Hitzewelle braucht eine Tablette, und nicht jedes Stimmungstief eine Diagnose. Entscheidend ist zu verstehen, wie Hormone, Psyche und Lebensumstände ineinandergreifen. Dafür braucht es einen Raum, in dem Fragen offen gestellt, Unsicherheiten benannt und neue Sichtweisen entwickelt werden können.
Was wir in dieser Lebensphase am wenigsten brauchen, ist Schweigen. Und was wir am dringendsten brauchen, ist das Aufbrechen von Tabus, mit medizinischem Wissen, psychologischer Klarheit und einem offenen Blick auf Lebenskontext und Kultur.

